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Getrennte Instandhaltungsrücklagen in der Mehrhausanlage

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Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rücklagen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude ist.

Sieht die Gemeinschaftordnung dies vor, ist im Gegenschluss der ausschließliche Zweck, mittels einer Sonderumlage eine einheitliche, nach Miteigentumsanteilen aufgebrachte Instandhaltungsrücklage für alle Wohngebäude zu schaffen, von der Gemeinschaftsordnung nicht gedeckt. Ein entsprechender Beschluss der Wohnugnseigentümergemeinschaft ist mithin nichtig und lässt keine Verpflichtung zur Zahlung der Sonderumlage entstehen.

Es ist zulässig, für Mehrhausanlagen in der Gemeinschaftsordnung buchungstechnisch getrennte Rücklagen zu bilden, deren Verwendungszweck jeweils die Instandhaltung der einzelnen Gebäude oder – wie hier – Gebäudekomplexe ist. Ungeachtet einer solchen Zweckbindung gehören die getrennten Instandhaltungsrücklagen gemäß § 10 Abs. 7 Satz 3 WEG zu dem Verwaltungsvermögen des Verbands. Um eine solche Mehrhausanlage handelt es sich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts. Die Gebäudekomplexe S. Straße 1, 3 und 5 einerseits sowie P. Straße 4 und 6 andererseits bestehen aus getrennten Baukörpern; dies erlaubt eine eindeutige Kostenzuordnung.

Dass im vorliegend entschiedenen Fall nicht zugleich das Stimmrecht geregelt wurde, ist unschädlich. Ein Stimmrechtsausschluss für die dem jeweils anderen Gebäudekomplex zugehörigen Eigentümer musste nicht zwingend vorgesehen werden. Es ist nämlich anerkannt, dass einzelnen Gruppen von Sondereigentümern auch dann die alleinige Kostentragungspflicht hinsichtlich bestimmter Teile des gemeinschaftlichen Eigentums auferlegt werden kann, wenn die Verwaltung allen Sondereigentümern obliegt.

Der spätere Beschluss über die Sonderumlage ist dagegen nichtig. Die hierdurch den Wohnungseigentümern auferlegten Zahlungen sollten einer einheitlichen Instandhaltungsrücklage zufließen, die die Gemeinschaftsordnung nicht (mehr) vorsieht.

Durch den mit einfacher Mehrheit gefassten Beschluss ist die Geschäftsordnung nicht (erneut) geändert worden. Ein Beschluss, der eine zulässigerweise im Beschlusswege erfolgte Änderung der Gemeinschaftsordnung erneut ändern oder wieder aufheben soll, muss mit der nach der – vorliegend in der Gemeinschaftsordnungs vorhandenen – Öffnungsklausel erforderlichen – hier qualifizierten – Mehrheit gefasst werden. Ob das Verfehlen des Quorums die Nichtigkeit oder lediglich die Anfechtbarkeit eines solchen Beschlusses zur Folge hätte, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Denn dem Beschluss kann ohnehin nicht entnommen werden, dass die frühere beschlossene Änderung der Gemeinschaftsordnung, mit der getrennte Instandhaltungsrücklagen eingeführt wurden, rückgängig gemacht worden ist.

Bei der gebotenen nächstliegenden und objektiven Auslegung seines Wortlauts regelt der Beschluss vom 11.10.2012 eine Änderung der Gemeinschaftsordnung nicht. Er erschöpft sich in der Begründung von Zahlungspflichten. Nichts anderes ergibt sich aus dem Inhalt des Protokolls der Eigentümerversammlung. Dieses nahm Bezug auf ein Informationsschreiben des Verwalters, in dem dargelegt wurde, dass der Beschluss vom 07.12 2004 nichtig sei. Dementsprechend gingen die Wohnungseigentümer davon aus, dass die Gemeinschaftsordnung nach wie vor eine einheitliche Instandhaltungsrücklage für die Wohngebäude vorsah und diese wiederherzustellen war. Folgerichtig ist der Beschluss mit „Anpassung der Instandhaltungsrücklagen (…) wegen Wiedervereinigung der getrennt geführten Instandhaltungsrücklagen“ überschrieben. Ein solcher Beschluss konnte aus Sicht der Wohnungseigentümer – wie geschehen – mit einfacher Mehrheit gefasst werden.

Eine ergänzende Auslegung des Beschlusses, die dazu führte, dass zugleich die Gemeinschaftsordnung geändert worden ist, kommt nicht in Betracht. Ob und inwieweit der ergänzenden Auslegung eines die Gemeinschaftsordnung aufgrund einer Öffnungsklausel ändernden Beschlusses im Hinblick auf den Erwerberschutz Grenzen gesetzt sind, bedarf keiner Entscheidung, da die Voraussetzungen hierfür ohnehin nicht vorliegen. Zwar ist die erforderliche Änderung der Gemeinschaftsordnung bei der Beschlussfassung nicht bedacht worden. Neben einer solchen Regelungslücke setzt eine ergänzende Auslegung aber voraus, dass die Wohnungseigentümer die Gemeinschaftsordnung geändert hätten, wenn ihnen dieses Erfordernis bekannt gewesen wäre. Hieran fehlt es schon deshalb, weil nicht angenommen werden kann, dass die Gemeinschaftsordnung ohne die erforderliche Mehrheit geändert werden sollte. Die zu einer gesetzmäßigen Verwaltung verpflichteten Wohnungseigentümer wollen nämlich im Zweifel keinen rechtswidrigen Beschluss fassen.

Da die Gemeinschaftsordnung getrennte Instandhaltungsrücklagen vorsieht, entbehrt die den Beklagten auferlegte Zahlungspflicht der erforderlichen Grundlage. Der Beschluss ist nicht lediglich anfechtbar, sondern nichtig. Denn die einheitliche Instandhaltungsrücklage, deren Auffüllung die Zahlung der Beklagten dienen soll, gibt es nicht; mit anderen Worten sind im Vermögen des Verbands Gelder mit einer solchen Zweckbestimmung nicht vorgesehen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 17. April 2015 – V ZR 12/14


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